Schweizer TYPO3-Camp 2024: Faszination Open Source – now I get it!

Das fünfte Schweizer TYPO3 Barcamp hat es geschafft: Endlich hab ich verstanden, warum sich Freiwillige auf der ganzen Welt leidenschaftlich für Open-Source-Projekte engagieren. Ohne Lohn, oft auch ohne die verdiente Anerkennung, aber mit einem Biss, der Aussenstehende verwundert zurücklässt. Was treibt Menschen an, unentgeltlich Software für die Allgemeinheit zu entwickeln?

Vergangenen Donnerstag bis Samstag fand zum fünften Mal das Schweizer TYPO3 Barcamp statt. Dieses Mal in der Jugendherberge Zürich; draussen ziemlich grau, dafür drinnen umso bunter. Schon die Vorstellungsrunde zeigte: Dieses Camp ist gut und international besucht. Rund 80 Personen haben sich auf Französisch, Niederländisch, Englisch, Norwegisch, Hoch- und Schweizerdeutsch vorgestellt, und die locker-fröhliche Atmosphäre setzte den Ton für die folgenden zwei Tage.

Der erste Camptag

Mit so vielen Teilnehmenden waren auch die verfügbaren Session-Slots schnell gefüllt, sodass Zeit übrig blieb für ein Thema, das kurzerhand (und ohne Gegenstimmen 😉) zur Zwangsvorlesung für alle Teilnehmenden erklärt wurde: die verschiedenen Teams der TYPO3 Community. Aktuell gibt es 19 Teams, von denen alle für Neuzugänge offen sind, und viele keinerlei Coding-Skills verlangen. Doch was motiviert aktuelle und künftige Teammitglieder, Stunden, Tage und teils Wochen für ein gemeinnütziges Projekt zu investieren?

The Impact of Open Source

Die zweite Session beantwortete diese Frage mustergültig. Am Beispiel von Ruanda hat Mathias Bolt Lesniak aufgezeigt, welch enorme Sprengkraft im Open-Source-Gedanken steckt: Angefragt, ob die ruandischen Websites über TYPO3 umgesetzt werden können, hat die TYPO3 Association nicht etwa an europäische Webagenturen verwiesen, sondern sich zum Ziel gesteckt, lokale Fachkräfte dahingehend zu befähigen, dass sie die Websites selbst aufsetzen, verwalten und pflegen können. 

Gesagt, getan; mittlerweile sind über 400 (!) TYPO3-basierte ruandische Webseiten online. Komplett erstellt und gepflegt von lokalen IT-Fachpersonen, finanziert durch die ruandische Regierung. So konnte gleichzeitig der Abfluss von lokalen Steuergeldern nach Europa verhindert, sowie der massive Aufbau von lokalem Know-how vorangetrieben werden. Mit der damit einhergehenden breiteren internationalen Verankerung von TYPO3 eine vollumfängliche Win-win-Situation für alle Beteiligten! 

Ähnliche Projekte laufen unter anderem in Papua-Neuguinea und Somalia. Mathias Bolt Lesniak zog das passende Fazit dazu: Open Source strengthens Civil Society everywhere!

Current State of TYPO3 und TYPO3 as a Product

Die weiteren Sessions des ersten Tages drehten sich unter anderem um den aktuellen Stand des «Produkts TYPO3», die geplanten inhaltlichen Weiterentwicklungen sowie strategische Überlegungen. Präsentiert wurden sie von Daniel Fau und Luisa Sofie Faßbender der TYPO3 GmbH sowie Tymoteusz Motylewski, Mitglied des TYPO3 Core Development Teams

Der dabei entstandene Grundeindruck: Die TYPO3 Community ist extrem gut vernetzt, professionalisiert und hoch engagiert unterwegs. Ich war beeindruckt vom Scope der Überlegungen, dem weitgreifenden Planungshorizont, der nötigen Sorgfalt, die es braucht, um solch diverse Akteure unter einem gemeinsamen Ziel zu vereinen, sowie der Achtsamkeit, mit der den einzelnen Beitragenden begegnet wird. Denn, vergessen wir es nicht: Der Erfolg von TYPO3 fusst massgeblich im freiwilligen Engagement von unzähligen Beteiligten, die ihre Zeit unentgeltlich zur Verfügung stellen. Das zu wissen, ist das eine, aber es 1:1 zu erleben und zu sehen, wie umfangreich dieses Engagement bisweilen ist, war beeindruckend und inspirierend. Und das Resultat lässt sich sehen: Bereits im 1. Quartal 2024 alleine entstanden rund 6000 neue TYPO3 Websites!

Speed Dating und Social Event

Zum Abschluss des ersten Camptages traf sich eine bunte Gruppe von Campteilnehmenden zu einem sehr kurzweiligen Speed-Dating, moderiert vom Geschäftsführer der TYPO3 GmbH, Daniel Fau. Schnaps-Präferenzen, Kampagnentipps zu D’n’D, Haustiergeschichten und Familienplanung: Die Themen waren so abwechslungsreich wie fröhlich, und es wurde munter vorgestellt, diskutiert und ausgefragt. 

So waren wir dann grad schon in der richtigen Stimmung für den folgenden Social Event. Wir trafen dank Anreise im strömenden Regen zwar tropfnass ein, aber dank der warmen und gemütlichen Räumlichkeit im Mönchhof am See wurde es ein sehr vergnügter Abend, der nur aus Vernunft irgendwann ein Ende fand – schliesslich hatten wir noch einen vollen Camptag vor uns!

Der zweite Camptag

Am zweiten Camptag stellte uns Luisa Sofie Faßbender, Senior Success Managerin bei TYPO3 GmbH, die Ergebnisse ihrer Sales Enablement Survey vor. Ziel der Umfrage war es, herauszufinden, was Agenturen brauchen, um TYPO3 erfolgreich verkaufen zu können. Luisa und ihr Team stellten richtig gute Fragen, entsprechend spannend waren die Erkenntnisse. Erwähnt wurden auch die klassischen Kritikpunkte wie kompliziertes Backend oder aufwändige Upgrades. Eine weitere Herausforderung ist, das bereits über 20-jährige Bestehen in der schnelllebigen IT positiv zu vermarkten, im Sinn von etabliert und bewährt, mit stabilen, nachhaltigen Strukturen, und nicht als veraltet wahrgenommen zu werden (was nur jemand denken kann, der noch nie an einem TYPO3-Event war 😉). 

Abgeschlossen wurde der Camptag mit einer Präsentation von mittwalds Hannes Strangmeier, der uns auf sehr kurzweilige Art mit zahlreichen Anschauungsbeispielen dank extra programmierter Testpages in die Basics der Core Web Vitals einführte.

Fazit und Ausblick

Das Schweizer TYPO3 Camp 2024 bot einen überraschend bunten Einblick in die lebendige Welt der Open Source Communities. So unterschiedlich die engagierten Menschen und ihre Motive sind, eines vereint sie alle: Der Wunsch, zu etwas Grösserem beizutragen und dabei Gemeinschaft mit Gleichgesinnten zu pflegen. Gerade die Pandemie-Jahre haben überdeutlich gezeigt, wie unerlässlich der persönliche Austausch ist, und ein solches Camp pflegt diesen in einem besonders fröhlichen und inspirierenden Rahmen. 

Deshalb soll auch nächstes Jahr wieder ein Schweizer TYPO3-Camp stattfinden; wann und wo genau ist noch offen, und auch die genaue Form steht zur Debatte ­– mit dem Austritt von Manuel Glauser aus dem Organisations-Komitee bietet sich Interessierten die ideale Gelegenheit, bei der Planung mitzuwirken. Falls du dich angesprochen fühlst, oder anderweitige Rückmeldungen, Ideen oder Anregungen hast, melde dich unbedingt unter info@typo3camp.ch!